
AWARENESS-KONZEPT
Der Verein sturmfrei e. V. und alle Organisator:innen des Bel R! Festivals setzen sich für gegenseitigen Respekt, Toleranz, Akzeptanz und Inklusion ein. Das Festival bietet keinen Raum für Diskriminierung jeglicher Art. Das gesamte Festivalteam ist hierfür sensibilisiert und bemüht, einen Raum zu schaffen, indem aktiv gegen jegliche Form der der Grenzüberschreitung vorgegangen wird und in dem sich alle Anwesenden sicher fühlen. Sicherheit bedeutet, dass die eigenen Grenzen gewahrt werden. Dass dies für alle möglich ist, sehen wir als unsere Aufgabe und unser Ziel; wir sind uns gleichsam im Klaren darüber, dass das zur Gänze unmöglich ist – das Gefühl von Sicherheit ist subjektiv. Das Awareness-Konzept wird stetig weiterentwickelt und weiterhin jedes Jahr überprüft, überarbeitet und angepasst.
Awareness bedeutet Aufmerksamkeit. Alle Organisator:innen und Helfer:innen des Bel R!-Festivals stützen sich für die aktive Umsetzung dieser Aufmerksamkeit auf die drei Säulen Prävention, Intervention und Selfcare.
Unter Prävention verstehen wir, dass das Team gemeinsam die Verantwortung für das Festival trägt. Dies betrifft alle Bereiche, so auch den Bereich Awareness. Jedes Mitglied des Festivals trägt Sorge dafür, dass das Ziel den Festival-Raum so auszugestalten, dass Grenzüberschreitungen weitestgehend vermieden werden, eingehalten wird. Prävention sorgt in diesem Fall dafür, dass unerwünschtem Verhalten vorgebeugt wird, um es so als mögliche Vermeidungsstrategie anzuwenden.. Die Haltung des Teams stützt sich auf die oben genannten Werte, sowie auf das gemeinsame eben benannte Ziel. Zusätzlich reflektiert das Team das jeweilige und gemeinsame Verhalten, um sich stetig weiterzuentwickeln. Teil dessen ist auch die Vermeidung unangemessener Machtverhältnisse; jedes Teammitglied soll die Möglichkeit gegeben sein, als Expert:in in eigener Sache zu agieren. Um den reibungslosen Ablauf des Festivals sicherzustellen, bestehen lediglich organisatorisch bedingte Hierarchien und Strukturen.
Intervention erklärt sich in den Punkten → Definitionsmacht und → Parteilichkeit. Definitionsmacht bedeutet, dass lediglich die betroffene Person selbst entscheiden kann, wo eine Grenzverletzung beginnt. Parteilichkeit bedeutet, dass es essenziell ist, sich auf die Seite der betroffenen Person zu stellen und dies auch nach außen hin zu präsentieren. Die betroffenenzentrierte Arbeit im Rahmen von Vertraulichkeit ist hierfür die Basis. Das Awareness-Team spricht in Ich-Botschaften und ist auch dazu angehalten, auf eigene Grenzen zu achten. Deshalb arbeitet das Awareness-Team nicht alleine und ist zu jedem Zeitpunkt nüchtern.
Selfcare bedeutet, sich darüber bewusst zu sein, dass Awareness Care-Arbeit ist. Diese kann nur geleistet werden, wenn sich die betroffenen Teammitglieder dazu in der Lage fühlt. Den Verantwortlichen aus dem Awareness-Team wird deshalb geraten, sich seiner eigenen Grenzen bewusst zu sein, Aufgaben im Zweifel an andere Helfer:innen aus dem Awareness-Team abzugeben und auf die eigene Sicherheit zu achten.
Awareness-Team
Alle Organisator:innen und Helfer:innen sind geschult worden, aware zu sein. Es gibt zusätzlich ein dediziertes Awareness-Team, das durch lilafarbene Reflektor-Westen zu erkennen ist. Die Entscheidung, ein farblich herausstechendes und explizit präsentes Team zu gründen, erleichtert es intern und extern, Zuständigkeiten und Ansprechpartner:innen zu erkennen. Das Awareness-Team hat Awareness als alleinige Aufgabe, sowohl für die Gäst:innen, als auch für Akteur:innen und Veranstalter:innen. Die Mitglieder des Awareness-Teams haben ein Bewusstsein für diskriminierendes, grenzüberschreitendes Verhalten und sind in der Lage, in solchen Situationen angemessen zu reagieren.
Die Aufgabe des Awareness-Teams ist es, sich um die Bedürfnisse der betroffenen Person zu kümmern (für grenzüberschreitende Personen sind externe, offizielle Teams, wie bspw. Security, Polizei etc., verantwortlich). Die betroffene Person kann, sofern sie das möchte, in einen Safer Space begleitet werden, wo nach einer Lösung gesucht wird, damit es der betroffenen Person besser geht. Der Vorgehensprozess sieht hier, selbstverständlich unter Anpassung individueller Bedürfnisse, wie folgt aus:
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Erkennen: Situation erkennen bzw. auf die Bitte um Hilfe reagieren.
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Deeskalieren: Ruhig bleiben, deeskalierend wirken und die betroffene Person ggf. zu einem Safer Space begleiten.
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Delegieren: Helfer:innen untereinander koordinieren, um Unterstützung bitten, keine Alleingänge. Interner Code und Standort in die Awareness-WhatsApp-Gruppe schicken.
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Lösen: Versuchen, die Bedürfnisse der betroffenen Person zu erfüllen.
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Dokumentieren: Zur internen Reflexion, als auch für eventuell benötigte Behörden den Vorfall dokumentieren.
Grundsätzlich hört das Awareness-Team der Person zu und ist vorsichtig mit Fragen, da das Geschehene für die betroffene Person unangenehm sein kann. Die Unterstützungsmaßnahmen werden mit der betroffenen Person abgestimmt. Das Awareness-Team unterstützt die betroffene Person, bis diese es nicht mehr möchte. Die Helfer:innen achten dabei auf Konsens als zentralen Punkt bei jeder zwischenmenschlichen Handlung. Des Weiteren sind die Helfer:innen dazu bereit, die eigene Position zu reflektieren und sich entsprechend zu verhalten.
Vorbereitung
Bereits beim Booking und der Planung der Veranstaltung achten die Organisator:innen darauf, dass das Festival ein diskriminierungsarmer Raum ist. Es existiert ein interner → Code, der in die Awareness-Helfer:innen-Gruppe gesendet werden kann, sofern weitere Unterstützung in einer Situation gebraucht wird.
Definitionsmacht
Definitionsmacht bedeutet, dass lediglich die betroffene Person selbst entscheiden kann, wo eine Grenzverletzung beginnt. Das Empfinden der Person wird ernst genommen und auf Basis dessen lösungsorientiert gearbeitet. In keinem Fall wird dieses Empfinden in Frage gestellt oder die betroffene Person mit Fragen konfrontiert, die sie nicht beantworten möchte.
Parteilichkeit
Es ist in einer Situation, in der ein Awareness-Team notwendig ist, weder möglich noch ratsam, sich neutral verhalten zu wollen. Es ist wichtig, sich auf die Seite der betroffenen Person zu stellen und dies auch nach außen hin zu präsentieren.
Codes
„Wo geht es nach PANAMA?“ oder nur das Wort „PANAMA“ ist der Code dafür, dass die Person, die den Code benutzt, umgehend Hilfe erhält.
Abschluss
Das Bel R! ist ein StadtRaumKunstFestival der freien Szene, das eine Plattform bietet, sich künstlerisch auszuleben, Begegnungen zu schaffen und stetige Weiterentwicklung für alle zu ermöglichen. In unserer Tätigkeit bemühen wir uns um Vielfalt, Diversität und Teilhabe, um Inklusion, Barrierearmut¹ und Zugänglichkeit; soziale wie ökologische Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen. Wir wissen um unsere Verantwortung in diesen Aspekten und arbeiten daran, jedes Jahr konsistenter und konsequenter darin zu werden. Unser Ziel im Bereich Awareness ist es, im Konsens zu handeln, einen bewussten und achtsamen Umgang miteinander zu schaffen, Diskriminierung und Gewalt zu minimieren, Betroffene zu unterstützen und Teil der gesellschaftlichen Veränderung zu einem friedvolleren und respektvollen Umgang miteinander geprägt von gegenseitiger Toleranz zu sein.
Das allgemeine Ziel des Festivals ist es, ein möglichst barrierearmes Festival für die Allgemeinheit zu schaffen, welches regionalen Künstler:innen eine Plattform bietet, Ihre Kunst zu teilen, sowie unterschiedliche Orte der Rüsselsheimer Innenstadt zu bespielen und somit die Stadt zu beleben. Wir wollen uns stetig weiterentwickeln und werden die Geschehnisse des Festivals reflektieren, um immer barrierearmer zu werden. Wir hoffen, dass diese Bemühungen positive Auswirkungen auf jegliche Personen marginalisierter oder strukturell diskriminierter Gruppen (z.B.: LGBTQIA+, BiPOC, Menschen mit Behinderung etc.) haben. Unser Publikum gestaltete sich bereits in den letzten Jahren divers, was wir uns für die kommenden Jahre so weiterhin wünschen und unterstützen – durch entsprechendes Booking, sowie Wertedefinitionen und möglichst sichere Gegebenheiten für marginalisierte Gruppen.
¹ Barrierefreiheit ist äußerst komplex, weshalb wir uns für den Begriff „barrierearm“ entschieden haben. Die Barrierefreiheit ist eines der großen Ziele, an denen wir stetig arbeiten. Das Team beschäftigt sich mit jeglicher Form der Diskriminierung und wird betroffenen Personen stets auf Augenhöhe begegnen.